Das Experimentelle Karree versammelt verschiedenste Projekte, Ideen, Geschäfte und Institutionen auf einen konzentrierten Raum und positioniert sie als einladende Experimentierfläche mitten in die entwöhnte Stadt.

Neben bereits in der Stadt etablierten Projekten, die sich eine Neuverortung im Karree vorstellen können, kommen Existenzgründungen ebenso wie Projekte im Amateurstatus hinzu. In letzteren, zugleich oftmals studentischen Projekten, liegt eine Chance, frischen Wind in das Karree und die Stadt zu bringen. Es gilt Modalitäten herzustellen, um solches Engagement nicht zu verhindern. Das urbane Abenteuer besteht denn auch darin mit Dilettantismus punkten zu können – wenn anderes nichts nützt. Durch die allgemeine Kooperationsbereitschaft, die die meisten Beteiligten signalisiert haben, können sich die unterschiedlich professionell und finanziell (non-profit und gewerblich) agierenden Projekte beiderseits auf Wissens- und Ideentransferebene befruchten.

Für einige der Projekte ist die Koexistenz von Arbeiten und Wohnen denkbar. Die Renovierung, zumindest der eigenen Räume, soll von allen Beteiligten eigenverantwortlich wahrgenommen werden. Hiermit zeigen sich Nutzungsformen, die sich vom klassischen Schema der Mietwohnung und Gewerbeansiedlung unterscheiden und somit Alternativen in der Existenzgründung und Projektgestaltung aufzeigen.

Viele der Projekte würden noch dieses Jahr ins Karree am Bernsbachplatz einziehen wollen. Es gilt, diesem Potential nicht die Luft zu nehmen. Die ersten überaus außenwirkungsträchtigen Vorhaben wären der Stadtteilgarten und die Sommerakademie – beide können ab sofort loslegen.
Kurzübersicht zu den Projekten

Das Wohn- und Kulturprojekt ReBa84 ist Ausgangspunkt für die bisherige Planung des Experimentellen Karrees, weil es das erste und bisher einzige Projekt war, welches in das verlassene Gebäudeensemble einzog. Es existiert dort seit Sommer 2007 und stellt eine Plattform für eine junge, selbstorganisierte und partizipative Kulturszene in der Stadt dar. Es ist damit ein Freiraum geschaffen worden, den Menschen auf ihre Art und Weise bespielen und mit ihren Inhalten füllen können. Zum Beispiel mittels des Umsonstladens, dem politischen Dienstagscafe mit Vorträgen und der donnerstäglichen Volxküche.

Der Stadtteilgarten, der am nördlichen Rand des Ensembles errichtet werden soll, kann ein von den Anwohnern gemeinschaftlich erbrachtes und belebtes Gartenprojekt werden. Der geplante Stadtteilgarten bietet Raum als Erholungs- und Freizeitort (Sitz- und Liegefläche, Spielplatz, Skulpturen), aber auch als Ort für eine ökologisch nachhaltige Bewirtschaftung (Lebensraum für Kleintiere, Kräutergarten). Inmitten der Stadt darf man auf einen grünen Bereich mit Artenvielfalt stoßen. Die grünen Ränder der Stadt werden somit als Räume der Aneignung in die Mitte geholt, um die bei der Stadtschrumpfung entstehenden Grünflächen überhaupt als Qualität an sich erkennen zu können.

Die Sommerakademie, die für das Haus Reitbahnstraße 82 geplant ist, soll künstlerische und kulturelle Erfahrungsräume eröffnen. Eine Zusammenarbeit mit dem Chemnitzer Künstlerbund, verschiedensten anderen Vereinen und der zeitliche Übergang zum Kunstfestival Begehungen 2009 ist angedacht. Zudem könnte aus dem Projekt eine vom Kulturbüro der Stadt unterstützte Jugendkunstschule gedeihen.

Die Gläsernen Werkstätten stellen einen Verbund von handwerklich und künstlerisch begabten Akteuren dar, die ihr Können quasi in der Öffentlichkeit praktizieren und weitervermitteln wollen. Die entstandenen Produkte werden vertrieben.

Der Freiwilligentreff der Caritas und der Stadtmission soll zu einem “Marktplatz des Ehrenamts” werden. Hierbei sollen Engagierte schneller zu den zu ihren Neigungen passenden Angeboten gelangen.

Die Bibliothek der Rosa-Luxemburg-Stiftung soll die archivierten Bestände des Verbandes verfügbar machen. Zusätzlich sind Lese- und Seminarräume vorgesehen.

Das Hostel richtet sich mit seiner unkonventionellen Machart besonders an Studenten und Rucksackreisende. Auch die Unterbringung von in der Stadt gastierenden Künstlern ist angedacht.

Darüber hinaus gibt es weitere verschiedene Ideen, die erst mit der Verbreitung des Experimentellen Karrees im städtsichen Diskurs, zum Teil auch unter der Moderation der Stadtplanungsbüros “Complizen” und “Urban Frame”, herausgearbeitet wurden. Neben den Räumlichkeiten für das Jugendforum, dem Wohnzimmerkino, einer Kunstgalerie, einem Bioladen, einer Werbeagentur, einem Fahrradmuseum mit Selbsthilfewerkstatt soll es auch eine Leder- und Druckwerkstatt, verschiedene Ateliers, ein Medienarchiv und Räume für eine Capoeiragruppe geben. Der Verein steht mit weiteren Projekten in Kontakt.

Für einen Teil der Häuserzeile an der Fritz-Reuter-Straße, wäre es außerdem wünschenswert, eine Kooperation mit dem Studentenwerk realisieren zu können, um für akzeptable Mieten Wohnraum für unmittelbare Interessenten des ExKa anbieten zu können. Ebenso zeigt ein Betreiberduo Interesse dort ihre Idee eines Schüler- und Studentenwohnheims umzusetzen. Dass es ein Klientel gibt, das Interesse an alternativen Wohnformen hat, zeigten bereits Studien über die Wohnwünsche Chemnitzer Jugendlicher, wonach immerhin 10 Prozent der Befragten für ein andersartiges Wohnkonzept zu haben wären. Gerade jene wurden in Chemnitz bisher nicht fündig und sind letztlich diejenigen, die als erste aus der Stadt getrieben werden.